Sensation im Streit um die widerrechtlichen Kündigungen in der Westerhäuser Kleingartenanlage „Gute Hoffnung“. Das Magdeburger Landgericht sprach sich heute zugunsten der klagenden Kleingärtner aus. Dies ist vor allem für den Verpächter, dem Regionalverband der Gartenfreunde Quedlinburg e.V., eine schallende Ohrfeige. Dieser Gerichtsbeschluss könnte wegweisend sein und macht Hoffnung, gerade in Bezug auf die noch ausstehenden ähnlich gelagerten Verfahren. Und was bedeutet dies für bereits ausgeschiedene Gartenfreunde? Wir berichten ausführlich.
Worum ging es?
In den Beiträgen 36 – Widerrechtliche Kündigungen und 37 – Demonstration des Stärkeren haben wir uns bereits die Vorgeschichte genauer angeschaut. Nochmal kurz zusammengefasst. In Westerhausen wurden mehrere Kleingärtner im Frühjahr von ihrem Verein „Gute Hoffnung e.V.“, in der gleichnamigen Gartenanlage, per Mitgliederbeschluss ausgeschlossen. Daraufhin kündigte der Verpächter (Regionalverband der Gartenfreunde Quedlinburg) die dazugehörigen Pachtverträge fristlos. Die Gartenfreunde sollten dann binnen Monatsfrist ihre Parzelle räumen. Zusätzlich trennte man die Energieversorgung.
Einstweilige Verfügung
Ein betroffener Pächter beantragte dagegen eine einstweilige Verfügung mit dem Ziel, das der Strom wieder eingeschaltet wird. In der Begründung führte man danach aus, dass ein Ausschluss aus dem Kleingartenverein nicht gleich zu einer fristlosen Kündigung laut §8 Bundeskleingartengesetz berechtigt.
Strom muss wieder eingeschaltet werden
Nachdem zuerst noch das Amtsgericht in Quedlinburg das Verfügungsbegehren zurückgewiesen hatte, war das darauffolgende Beschwerdeverfahren vor dem Landgericht Magdeburg jetzt erfolgreicher. Der Verein wird verpflichtet die entsprechenden Parzellen umgehend wieder mit Strom zu versorgen. In der Begründung folgt man der Argumentation der Kleingärtner. Der Verpächter konnte sich nicht auf einen Kündigungsgrund laut Bundeskleingartengesetz (§§8 ff.) stützen.
Vereinsausschluss kein Kündigungsgrund
Das Gericht stellte im vorletzten Absatz noch einmal ganz deutlich klar, dass der Ausschluss eines Gartenfreundes aus seinem Gartenverein kein Kündigungsgrund des Pachtvertrages darstellt.
„Insbesondere stellt nach §§ 8ff. BKleinG keinen solchen Kündigungsgrund der Ausschluss der Beschwerdeführerin aus dem Beschwerdegegner dar.“
Ohrfeige für den Regionalverband
Besonders im Vorstand des Regionalverbandes der Gartenfreunde Quedlinburg e.V. sollten mit diesem Beschluss jetzt alle Alarmglocken läuten. Nach unserer Kenntnis wurden insgesamt 4 Pächterfamilien in mehreren Kleingartenanlagen nach Ausschluss aus dem Verein der Pachtvertrag gekündigt. Man klagte sogar bereits auf Räumung. Eines dieser Verfahren soll im Oktober durchgeführt werden. Es wäre dringend dem Verbandsvorsitzenden anzuraten, diese Verfahren sofort zu beenden, damit nicht ein noch größerer finanzieller Schaden für den Regionalverband und den entsprechenden Mitgliedsvereinen eintritt.
Vorsätzliche Täuschung?
Dieser Vorwurf darf sich erneut der Vorstand des Regionalverbandes der Gartenfreunde Quedlinburg gefallen lassen. Nach dem bereits Ende vergangenen Jahres der Landesverband der Gartenfreunde Sachsen-Anhalt e.V. den Wertermittlern des Regionalverbandes Betrug und Urkundenfälschung vorwarf, tritt man erneut negativ in Erscheinung. Denn da man es nachweislich besser wusste, kann man hier schon beinahe von Vorsatz ausgehen. Das man mit solchen Verhaltensweisen auch die kleingärtnerische Gemeinnützigkeit auf Dauer gefährden kann, nehmen ganz offensichtlich die Verbandsfunktionäre billigend in Kauf.
Es lohnt sich
Ein Apell an alle betroffenen Kleingärtner kann nur lauten, wehrt euch! Mit diesem Beschluss sind vor allem Schadenersatzansprüche an den Regionalverband und Kleingartenvereine zu prüfen.
Am Ende zeigt sich hier ganz deutlich die mangelnde Expertise der aktuellen Verbandsführung. Mit dem Austritt aus dem Landesverband der Gartenfreunde Sachsen-Anhalt wollte man vermeintlich Geld sparen, was jetzt womöglich an anderer Stelle in Form von Lehrgeld gezahlt werden muss.
Der Beschluss liegt uns komplett vor und kann auf Anfrage anonymisiert zur Verfügung gestellt werden.
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Ich gehöre nicht zu den Westerhäuser Kleingärtnern, kenne die Gärten auch nicht, freue mich aber immer über etwas mehr Naturbelassenheit. Das scheinen die „geächteten“ Pächter wohl auch so sehen. Das Problem dürfte dann die alte – und meiner Meinung nach überholte – Kleingartenordnung sein, die, wie der Name schon sagt, nach Ordnung strebt. Das muss aber alle Jahrzehnte mal überdacht werden. Jede Zeit hat ihre eigenen Forderungen, denn nach dem Krieg und in der DDR waren Nahrungsmittel wichtig, dann kam die Forderung nach mehr Erholung, also Ruhe und grüner Rasen. Das wird nun abgelöst durch die Einsicht, mehr für die Kleintiere und Insekten zu tun. Letzteres ist aber in vielen Köpfen noch nicht angekommen. Es wird noch viel zu viel gemäht – auch in der städtischen Landschaftspflege, nur damit es ordentlich aussieht. Weniger mähen muss nicht automatisch unordentlich aussehen. Manchmal ist weniger mehr! Daher freue ich mich über das Urteil, weil es ein wenig wegweisend ist.