Retourkutsche für den Regionalverband der Gartenfreunde Quedlinburg e.V. Nach mehreren eher erfolglosen Klagen gegen einzelne örtliche Kleingärtner (wir berichteten), wird der sonst als Kläger auftretende Verband, nun selbst zum Beklagten. In der kommenden Woche bereits muss sich der Verbandsvorsitzende höchstpersönlich vor dem Quedlinburger Amtsgericht verantworten. Es geht dabei um einen Beschluss aus dem Vorjahr. Der Kläger ist ein Verein aus den Reihen der Mitglieder. Wir berichten euch jetzt hier vorab von der bevorstehenden Gerichtsverhandlung.
Was war vorgefallen?
Ein Beschluss aus dem Jahr 2024 ist Auslöser für den nun folgenden Rechtsstreit. Der Kläger kommt dabei ausgerechnet aus den eigenen Reihen. Der Quedlinburger Kleingartenverein „Kleingärtner Holzbreite II e.V.“ sieht sich in seinen Mitgliederrechten verletzt und klagt letztendlich gegen seinen eigenen Dachverband. Versuche sich doch noch irgendwie außergerichtlich zu einigen, blieben ohne Erfolg. So wurde eine beantragte Mediation durch die Verbandsmediatoren grundlos nicht durchgeführt und auch der geführte Schriftwechsel, glich eher einem Monolog statt einem Dialog.
Streitfrage
Das Quedlinburger Amtsgericht muss sich nun mit folgendem Sachverhalt näher beschäftigen. Darf man ein Vereinsmitglied dauerhaft von allen Mitgliederversammlungen pauschal ausschließen? Die Teilnahme an den Mitgliederversammlungen gehört zweifellos zu den Mitgliederrechten im Verein. Jedes Vereinsmitglied hat dabei die gleichen Rechte und Pflichten (Gleichbehandlungsgrundsatz). Dazu zählen Sitz und Stimme in der Mitgliederversammlung. Auch ein Auskunftsrecht gegenüber dem Vorstand besteht nur primär innerhalb der Mitgliederversammlung. Alle Vereinsmitglieder dürfen darüber hinaus zum Beispiel Anträge stellen oder mit sich Wortbeiträgen an Diskussionen beteiligen.
Verein als Mitglied
Wenn, wie im vorliegenden Fall, aber ein Verein Mitglied in einem anderen Verein ist, dann handelt es sich dabei um sogenannte juristische Personen. Diese juristischen Personen (also die Vereine) werden grundsätzlich durch ihr Vertretungsorgan vertreten. In aller Regel sind es die eingetragenen Vorstände im Handelsregister nach §26 BGB. Bei den allermeisten Gartenvereinen hier vor Ort, handelt es sich dabei um den Vereinsvorsitzenden und seinen Stellvertreter. Dies ist aber grundsätzlich von der eigenen Vereinssatzung abhängig. Genauso kann es möglich sein, dass ein Verein nur durch mehrere Vorstandsmitglieder gemeinsam vertreten werden darf.
Zweifelhafter Beschluss
Der angegriffene Beschluss aus dem Jahr 2024 schließt pauschal den Vorstandsvorsitzenden des klagenden Vereines von allen zukünftigen Mitgliederversammlungen aus. Der Regionalverband argumentiert, dass der Mitgliedsverein, doch ein anderes Vorstandsmitglied entsenden könne und so seine Mitgliedsrechte gewahrt blieben.
Gegenargumente
Der klagendende Mitgliedsverein argumentiert nun, dass er nicht mehr frei in der Wahl seiner Vertretung bestimmen kann. Alle anderen Vereine können aber selbst im Rahmen ihrer Vereinsautonomie über die Entsendung eines Vertreters zu den Mitgliederversammlungen des Regionalverbandes befinden. Hier fühlen sich die Kleingärtner Holzbreite II im Rahmen der Gleichbehandlung gravierend benachteiligt. Auch wäre es so ein leichtes, z.B. kritische Stimmen oder eine lästige Opposition von den Versammlungen des Verbandes auszuschließen. Auch wäre es ein äußerer Eingriff in die Eigenständigkeit des betroffenen Vereines. Denn schließlich hat die dortige Mitgliederversammlung sich ihre Vertretung, durch Wahlen, selbst ausgesucht.
Die Gretchenfrage
Der Regionalverband möchte mit seinem Beschluss über die Teilnahme an seinen Mitgliederversammlungen sich selbst einen für ihn genehmen Vertragspartner aussuchen. Aber der Mitgliedsverein kann schließlich auch nicht selbst bestimmen, mit welcher Person er auf Seiten des Verbandes verhandeln möchte. Warum sollte dann dem Regionalverband so ein Recht zustehen? Jeder Verein sollte schließlich frei sein in der Wahl seiner Vertretung.
Öffentliche Verhandlung
Die Verhandlung findet am kommenden Dienstag, dem 11. Februar im Amtsgericht Quedlinburg statt. Beginn ist 11 Uhr. Da die Verhandlung öffentlich ist, kann jede interessierte Person auch daran teilnehmen. Das persönliche Erscheinen beider Vereinsvorsitzenden wurde zudem richterlich angeordnet.
Dieser Beitrag dient keiner Rechtsberatung und soll auch nicht die Arbeit und ein mögliches Urteil des Gerichts vorwegnehmen. Wir wollten euch den Streitgegenstand benennen und auch Konflikte aufzeigen. Der nächste und zeitgleich 50. Beitrag unseres Blogs wird sich dann mit dieser Gerichtsverhandlung genauer befassen.
Das Quedlinburger Kleingartenwesen gleicht immer mehr einen Krimi. So wird schnell der Kläger zum Beklagten. Verpasst auf keinen Fall den Ausgang dieser Angelegenheit. Wir empfehlen euch uns auch auf Facebook zu folgen. Dort wird jeder Beitrag auch nochmal verlinkt. Wer uns noch besonders unterstützen möchte, wird bei unserem Beitrag über „GoFundMe“ fündig. Vielen Dank auch nochmal an dieser Stelle.