Neues Jahr, neues Glück? Wir müssen uns zu Beginn des Jahres 2025 erneut mit den ausgeschlossenen Gartenfreunden im Westerhäuser Kleingartenverein „Gute Hoffnung e.V.“ auseinandersetzen. Dort greift der Regionalverband der Gartenfreunde Quedlinburg e.V. als Verpächter zum sprichwörtlich letzten Strohhalm. Mit einer neuen Räumungsklage probiert man nun die verbliebenen Gartenfreunde um ihre Parzellen zu bringen. Und warum auf einmal kein Bundeskleingartengesetz mehr greifen soll? Alle Infos jetzt hier im Blog.
Ein Jahr andauernder Streit
Die Vorgeschichte zu den Westerhäuser Kleingärtnern könnt ihr chronologisch und ausführlich in folgenden Beiträgen auf unserer Website nachlesen:
Nochmal aufs Wesentliche zusammengefasst. Mehrere störende und unbequeme Gartenfreunde wurden im Frühjahr 2024 auf der Mitgliederversammlung des Kleingartenvereines „Gute Hoffnung e.V.“ in Westerhausen aus ihrem Gartenverein ausgeschlossen. Daraufhin kündigte der Verpächter der Kleingärten, der Regionalverband, die Pachtverträge der Kleingärtner fristlos. Ein Pächter setzte sich mit einem Verfügungsbegehren zur Wehr und erhielt schließlich im September 2024 vor dem Magdeburger Landgericht Recht. Diesen Beschluss versucht nun der Regionalverband mit einer Räumungsklage anzugreifen.
Räumungsklage
Der Ballenstedter Verbandsanwalt, Jörg Gennat, reichte Mitte Oktober 2024 und somit keine 6 Wochen nach dem Magdeburger Beschluss, Klage auf Räumung im Namen des Regionalverbandes beim Amtsgericht Quedlinburg ein. Wir dürfen auf ausdrücklichen Wunsch der beklagten Partei, den Schriftverkehr offenlegen und gehen einmal genauer auf einzelne Punkte darin ein.
Bundeskleingartengesetz gilt angeblich nicht
Rechtsanwalt Gennat argumentiert in seiner Klageschrift unter anderem damit, dass der Beschluss des Landgerichts Magdeburg angeblich nicht der Sach- und Rechtslage entspräche. Das Landgericht hätte nach seinen Ausführungen im Rahmen des Eilverfahrens, die Rechtmäßigkeit der ausgesprochenen Kündigung nicht prüfen dürfen (Vorwegnahme der Hauptsache). Des Weiteren sind neben den Beendigungsmöglichkeiten im Bundeskleingartengesetz (§§ 8 ff) VORRANGIG die Vorschriften des Vereinsrechts im BGB zu beachten.
Wie … bereits ausgeführt, ist der Ausschluss der Beklagten aus dem Kleingartenverein „Gute Hoffnung“ e.V. Westerhausen nach Vereinsrecht zu beurteilen und nicht nach den Vorschriften des §§ 8 ff Bundeskleingartengesetz. Dieses hat zur Folge, dass das auf das Rechtsverhältnis zwischen Kleingartenverein „Gute Hoffnung“ e.V. und der Beklagten § 13 Bundeskleingartengesetz nicht zur Anwendung gelangt.“
Auszug Klageschrift
Falscher Vertragspartner
Ganz wichtig. Ohne den eben genannten Absatz zu bewerten, möchten wir auf folgenden Umstand hinweisen. Der gekündigte Pachtvertrag über die Parzelle wurde nicht mit dem Kleingartenverein „Gute Hoffnung e.V.“ abgeschlossen, sondern mit dem Regionalverband der Gartenfreunde Quedlinburg e.V. Der Gartenverein ist nur Verwalter im Namen des Verbandes.
Klausel verstößt gegen § 13
Die vom Anwalt erwähnte Satzung des Kleingartenvereines ist mittlerweile über 34 Jahre alt. Diese enthält tatsächlich eine Klausel, die bei Vereinsausschluss die Beendigung des Kleingartenpachtvertrages vorsieht. Davon einmal abgesehen, dass dieser Satzungsteil keine Anwendung auf den Pachtvertrag, abgeschlossen mit dem Regionalverband finden kann, verstößt diese gegen den § 13 Bundeskleingartengesetz.
Vereinbarungen, durch die zum Nachteil des Pächters von den Vorschriften dieses Abschnitts abgewichen wird, sind nichtig.
Bundeskleingartengesetz § 13 Abweichende Vereinbarungen
Aktuelle Rechtsprechung
Schauen wir doch einmal in die aktuelle Fachliteratur und der Rechtsprechung. In der grünen Schriftenreihe (Ausgabe 272) des Bundesverbandes der Kleingartenvereine Deutschlands e.V. finden wir auf Seite 36 folgende Ausführungen:
„1.6.3. Einzelne Auflösungsklauseln
Grüne Schriftenreihe 272 – Der kleingarten-Pachtvertrag
…
Rechtlich problematisch ist folgende Klausel:
[Scheidet der Pächter in seiner Eigenschaft als Vereinsmitglied beim Verpächter aus, so endet der Kleingartenvertrag zum Zeitpunkt der Wirksamkeit des Ausscheidens aus dem Verein]
In diesem Falle endet der Kleingartenpachtvertrag auch bei einer Beendigung der Mitgliedschaft durch Ausschluss aus dem Verein, worduch der Kündigungsschutz verloren gehen kann. Diese Klausel wäre wegen §13 BKleingG unwirksam.“
Auch im Kommentar zum Bundeskleingartengesetz (Mainczyk/ Nessler) findet man folgende konkrete Aussage:
4.2.2 Überlassung und Nutzung von Kleingärten aufgrund der Mitgliedschaft
Auszug 13. Auflage Praktiker-Kommentar Bundeskleingartengesetz (Mainczyk/ Nessler)
Die Verknüpfung der Nutzung eines Kleingartens mit der Mitgliedschaft im Kleingärtnerverein in der Weise, dass mit der Beendigung der Mitgliedschaft auch das Recht zur Nutzung der Kleingartenparzelle endet, ist rechtlich nicht zulässig. § 13 BKleingG bestimmt, dass Vereinbarungen, durch die zum Nachteil des Pächters von den Vorschriften des 2. Abschnitts des BKleingG abgewichen wird, nichtig sind. Im 2. Abschnitt sind auch die Beendigungsmöglichkeiten durch den Verpächter (§§ 8 bis 11) und die Beendigung durch den Tod des Einzelpächters (§ 12) geregelt. Daraus folgt, dass andere als dort angegebene Beendigungsgründe seitens des Verpächters nicht möglich sind, da dies eine Abweichung von der gesetzlichen Regelung zum Nachteil des Pächters wäre (OLG Köln, Urt. v. 7.6.2013, Az. 1 U 101/12). Eine „reine“ mitgliedschaftsrechtliche Ausgestaltung der Nutzungsüberlassung, bei der die Ausübung des Nutzungsrechts vom Fortbestand der Mitgliedschaft des Kleingärtners im Kleingärtnerverein abhängen soll, widerspricht damit den Zielsetzungen des BKleingG, insbesondere den Schutzvorschriften des BKleingG im Hinblick auf die Beendigung des Nutzungsrechts. Soweit Regelungen im Rahmen einer mitgliedschaftlichen Überlassung den nicht abdingbaren Vorschriften des BKleingG widersprechen, sind sie unwirksam (BGH NJW 1987, 2865). Das gilt auch dann, wenn der Kleingärtnerverein Eigentümer des Kleingartenlandes ist, das er seinen Mitgliedern zur Nutzung überlässt.“
Niederlage mit Ansage
Auch dieser letzte Strohhalm wird nichts nützen. Die aktuelle Rechtsprechung ist eindeutig. Der Regionalverband dürfte keine Aussicht auf Erfolg mit seiner Räumungsklage haben. Das Geld hätte der Regionalverband lieber in Gartenprojekte seiner angeschlossenen Mitgliedsvereine aufwenden sollen. Stattdessen werden leider wieder einmal knappe Vereinsmittel verbrannt beziehungsweise landen auf dem Firmenkonto des Verbandsanwaltes. Dieser wird sehr wahrscheinlich nicht ehrenamtlich den Regionalverband bei seiner Vielzahl an Klagen vertreten.
Wir werden auch weiterhin die Westerhäuser Kleingärtner bei ihrem Kampf gegen den Regionalverband begleiten. Wenn ihr auch keinen Beitrag mehr verpassen möchtet, dann folgt uns am Besten auf Facebook. Wenn euch unsere Arbeit gefällt, dann last gerne ein „Like“ da und folgt unserer Seite. Ganz besonders freuen wir uns über eure Unterstützung via GoFundMe.