Kurz vor Weihnachten erreichte uns folgende Meldung aus Schleswig-Holstein. Und zwar löste die Stadt Kiel mit dem dortigen Kreisverband der Kleingärtner den Generalpachtvertrag mit sofortiger Wirkung auf. Für den Kreisverband bedeutet dies ein gewaltiger Machtverlust, für die Stadt indes endet damit aber ein jahrelanger Streit mit dem Verband. Und wir fragen uns, wäre dieses Kieler Modell nicht auch bei uns und dem Regionalverband der Gartenfreunde Quedlinburg e.V. denkbar?
Worum es ging
Der Kieler Verband war nicht in der Lage die geforderte Pachtzahlungen voll und ganz an die Stadt Kiel zu entrichten. Unterlassene oder verspätet eingereichte Berichte über den Zustand des Kieler Kleingartenwesens belasteten das Verhältnis zur Stadt zusätzlich. Dazu kamen dann noch kompromisslose Verbandsfunktionäre, die das Fass schließlich zum Überlaufen brachten. Die Stadt Kiel verlor schließlich das Vertrauen in den Kreisverband als Verwalter der Kleingartenflächen und wollte diese Aufgabe fortan wieder selbst übernehmen.
Die Stadt Kiel möchte in einer Neuordnung seines Kleingartenwesens direkte Pachtverträge mit den Vereinen abschließen. Der Verband soll jedoch auch weiter Bestand haben und hauptsächlich auf die Interessensvertretung der Vereine und vor allem auf Schulungsangebote sich konzentrieren. Dazu erhält der Verband jährlich einen Zuschuss von bis zu 25.000€ von der Stadt Kiel.
Machtverlust
Der Kieler Kreisverband hat zwar auf der einen Seite die Last der Pachtzahlungen und die Abwicklung von Kleingartenflächen von sich abgeben können, jedoch bedeutet dies auf der anderen Seite auch einen erheblichen Verlust an Macht. Jetzt ist es umso leichter für austrittswillige Vereine diesen Austritt auch voranzutreiben. Der Verband muss sich ab sofort noch mehr durch seine Arbeit und seinem Dienst am Kleingärtner unter Beweis stellen und kann nicht mehr durch findige Vertragsgestaltungen (Verwaltungsvollmachten) die Vereine an sich binden und eine eigene Daseins-Berechtigung so schaffen.
Kleingartenbeirat und Härtefälle-Fonds
In der Vereinbarung mit dem Kieler Kreisverband findet sich auch die Schaffung eines Kleingartenbeirates. Vertreter der Vereine, des Verbandes, der Stadtverwaltung und der Ratsversammlung treffen sich zukünftig mindestens einmal im Jahr um über kleingärtnerische Belange zu beraten und auch um Streitfragen in Zukunft besser zu begegnen.
Weitere finanzielle Hilfen gibt es direkt für die Vereine. Diese sollen mit Zuschüssen für Sachmittel, Drainagen, Müllfonds und bei Härtefällen besser unterstützt werden. Insgesamt sollen jährlich bis zu 220.000€ zur Verfügung stehen.
Die ganze Aufhebungsvereinbarung zum Nachlesen findet ihr hier (Kleingärtnerverein Kiel e.V. von 1897).
Alte Strukturen aufbrechen
Die Stadt Kiel zeigt das es auch anders gehen kann. Die ewige Mär und Wichtigtuerei der Verbände, ohne sie gehe im Kleingartenwesen gar nichts, ist spätestens hier widerlegt. Vereine können sich fortan auch selbst organisieren und eigene, sogar bundesweite, Strukturen aufbauen. Der FairBund freier Kleingartenvereine e.V. ist ein erstes Beispiel für den Ideenreichtum der Kleinärtnerschaft. Entartete Verwaltungsapparate und aufgeblähte Strukturen sollten sich mehr an der Realität und dem allgemeinen Schrumpfungsprozess im Kleingartenwesen orientieren.
Zurück nochmal zur eingänglichen Frage, ob dies alles auch in Quedlinburg und beim Regionalverband der Gartenfreunde Quedlinburg e.V. vorstellbar wäre. Prinzipiell schon, jedoch müsste man bei Beendigung der Generalpachtverträge alle Eigentümer (z.B. neben den verschiedenen Städten, auch Kirchen und Privatpersonen) mit ins Boot holen. Auch haben die unterschiedlichen Städte Interesse daran, mit dem Regionalverband nur einen Vertragspartner und somit Ansprechpartner zu haben. Wenn wäre dies nur stückchenweise umzusetzen. Und natürlich geht es auch um viel Geld, denn der Regionalverband steht alleine in der vollen Verantwortung bezüglich der Pachtflächen. Um dieser Verantwortung gerecht zu werden, wurde in der Vergangenheit auch der Rückbau-Cent geschaffen.
Wir fragen uns zudem, wären die ganzen Beiträge und die zusätzlichen Umlagen an den Verband, nicht direkt besser bei den kommunalen Eigentümern aufgehoben? In der jüngsten Mitgliederversammlung wurde erst offenbart, dass nur für die Selbstverwaltung des Regionalverbandes, ein jährlicher mittlerer 5-Stelliger Betrag notwendig ist. Mit diesen Mitteln, wäre eine notwendige Umstrukturierung weitaus harmonischer vollziehbar.
In der Vergangenheit hieß es auch, dass die 3 Harzer Verbände (u.a. der Regionalverband der Gartenfreunde Quedlinburg e.V.) in einer Art Gebietsreform sich zusammenschließen wollen. Wir möchten in einem der nächsten Beiträge dies einmal näher betrachten.
Zuvor widmen wir uns erneut dem Gartenfreund, welcher fast 1.400€ an den Regionalverband zahlen sollte, David gegen Goliath – Teil1.