13 – In guter Gesellschaft

Vergangene Woche war bei uns in der Kleingartenanlage ein Interessent auf der Suche nach einem neuen Kleingarten. Er fühlt sich in seinem jetzigen Verein nicht mehr Wohl und möchte gerne einen Neuanfang wagen. Welche Rolle dabei der Regionalverband der Gartenfreunde Quedlinburg e.V. spielt und wie kann es sein, dass ein Mediator des Verbandes kein Interesse an einer Mediation hat? Das möchten wir euch hier einmal genauer aufzeigen. Denn wie sich herausstellen sollte, befinden sich alle Beteiligten „in guter Gesellschaft“.

Worum geht es?

Der Interessent hat in seinem noch jetzigen Verein einen Pachtgarten und ist dort seit über 20 Jahren Mitglied. Zudem haben er und seine Ehefrau sich jahrelang für den Verein engagiert und im Vorstand mitgearbeitet. Gegen ihn wurde Ende letzten Jahres Anzeige erstattet von einem anderen Gartenfreund aus seinem Verein. Die Vereinsführung sprach ihm als Pächter bis zur Klärung des Sachverhaltes ein Hausverbot für die komplette Gartenanlage aus. Gegen dieses Hausverbot wehrte man sich und ließ sich anwaltlich beraten und schickte mehrere Schriftstücke an den Kleingartenverein und an den Regionalverband.

Kann ich einem Pächter überhaupt Hausverbot erteilen?

Zuerst sollte man sich einmal bewusstwerden, welche Strafen laut Gesetz und gegebenenfalls eigener Satzung zur Verfügung stehen. Auch hier muss auf alle Fälle zwischen der Mitgliedschaft im Verein und der Pachtsache unterschieden werden. Aus dem Bundeskleingartengesetz ergeben sich im §8 Gründe für eine fristlose Kündigung des Pachtvertrages. Im Verein selbst kann es darüber hinaus einen Strafenkatalog für bestimmte Verfehlungen geben. Im aktuellen Fall gibt es jedoch keinen solchen Strafenkatalog.

Unschuldsvermutung?

Im Artikel 11 Absatz 1 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen von 1948 einigte man sich auf folgendes Grundprinzip rechtstaatlicher Strafverfahren:

„Jeder Mensch, der einer strafbaren Handlung beschuldigt wird, ist solange als unschuldig anzusehen, bis seine Schuld in einem öffentlichen Verfahren, in dem alle für seine Verteidigung nötigen Voraussetzungen gewährleistet waren, gemäß dem Gesetz nachgewiesen ist.“

Alleine aus dem Bauch heraus, sollte einem schon der Gedanke an ein generelles Hausverbot Schmerzen bereiten. Das Hausverbot stellt auf alle Fälle eine Bestrafung dar. Dem Gartenfreund wird der Zugang zu seinem Pachtgarten verwehrt. Er gelangt so nicht mehr zu seinem Eigentum und kann in der Folge seinen Garten auch nicht mehr kleingärtnerisch bewirtschaften. Man darf dem Verein unterstellen, das mit dem Hausverbot die regulären Kündigungsmöglichkeiten nach §8 und §9 Bundeskleingartengesetz umgangen werden. Denn es ist nur eine Frage der Zeit, bis der Garten sich in einem so ungepflegten Zustand befinden wird, dass man regulär z.B. aufgrund mangelnder kleingärtnerischer Nutzung, dem Pächter kündigen könnte.

Dazu schreibt auch der Stadtverband Leipzig auf seiner Internetseite folgendes:
(Quelle: https://www.stadtverband-leipzig.de/hausfriedensbruch)

„Geht die Störung des Hausfriedens von einem Vereinsmitglied/Kleingartenpächter oder von ihm auf seiner Pachtsache geduldeten Personen aus, dann stehen dem KGV in seiner rechtlichen Stellung die in der Vereinssatzung vorgesehenen Vereinsstrafen und gegenüber dem Kleingartenpächter die sich aus dem Bundeskleingartengesetz (BKleingG) ergebenden Sanktionen zur Verfügung. Unberührt hiervon bleiben Vorstandsaussprachen, rechtliche Hinweise u.ä. Dem Pächter kann kein Hausverbot erteilt werden.´´

Andere Einschätzungen zu dem Thema kommen zu dem Ergebnis, dass es dem Pächter auf alle Fälle möglich sein sollte, noch auf direktem Wege zu seinem Pachtgarten und Eigentum zu gelangen. Also wenn ein Hausverbot greifen würde, dann nur für die nicht notwendigen Bereiche der Kleingartenanlage.

Rolle des Regionalverbandes Quedlinburg

Der Kleingartenverein übergab die Schreiben des Anwaltes des betroffenen Gartenfreundes weiter an den Regionalverband. Dieser sah zu unserem Erstaunen kein Fehlverhalten der Vereinsführung. Vielmehr unterstützte man den Vorstand bei seiner Vorgehensweise. Der Regionalverband sprach sich laut Schriftverkehr mehrfach mit der Vereinsführung ab und räumte dem Gartenfreund großzügig noch ein, seinen Garten winterfest machen zu dürfen. Dazu wurden sogar mehrere Termine vorgegeben. Des Weiteren hat der Regionalverband angekündigt, sich selbst eine Rechtsauskunft einzuholen.

In guter Gesellschaft

Aber warum unterstützt der Regionalverband so sehr dieses Vorgehen? Bei dem Vorsitzenden des Kleingartenvereines handelt es sich um einen gewählten Mediator des Verbandes selbst. Der Regionalverband könnte darüber hinaus jederzeit, Kraft seiner Verwaltungsvollmacht, den Vereinsvorstand anweisen, das Hausverbot wieder aufzuheben. Dazu grenzt es fast schon an Satire, dass der Vereinsvorstand, also der Mediator des Regionalverbandes nicht an einer beantragten Schlichtung interessiert ist. Weder der Verein noch der Regionalverband haben auf diesen Umstand hingewiesen.

Freundlicher Weise wurde uns der Schriftverkehr zur Verfügung gestellt und darf geschwärzt veröffentlicht werden.

Wir haben den Gartenfreund an eine befreundete Gartenanlage weiter vermitteln können. Das Vertrauen ist mehr als zerstört und mit fast 70 Jahren möchte man seinen Lebensabend besser und vor allem ruhiger verbringen.

Habt auch ihr ähnliche Erfahrungen machen müssen, oder Vorschläge für kommende Themen? Dann kontaktiert uns am besten via Nachricht oder Whatsapp.