57 – Das Geld der Anderen – Teil 1

Der Regionalverband der Gartenfreunde Quedlinburg e.V. offenbarte auf seiner letzten Mitgliederversammlung am 26.04.2025, dass nahezu alle Mittel aus dem Rückbau-Fond demnächst aufgebraucht seien. Eine Erhöhung wäre in Zukunft unausweichlich. Der Schatzmeister des Verbandes wurde noch konkreter und bringt eine Verdreifachung des aktuellen Beitrages ins Spiel. Wir möchten euch in zwei Teilen die aktuellen Rückbau-Projekte aus 2024 und 2025 genauer vorstellen. Es zeigt sich darin, wie leichtfertig mit dem Geld der Anderen umgegangen wird.

In Weddersleben wird die Gartenanlage „Edelweiß“ zurückgebaut.

„Edelweiß“ Weddersleben

In Weddersleben, ein kleiner Ortsteil der Stadt Thale mit gut 1.000 Einwohner befindet sich die Kleingartenanlage „Edelweiß“. Im Jahr 2013 prägten noch 56 Parzellen in 2 Teilanlagen das Gesamtbild. Nun wurde bekannt, dass der westliche Teil der Anlage aufgegeben wurde und zurzeit zurückgebaut wird. Die Gelder dafür kommen aus dem Rückbau-Fond des Regionalverbandes, dem sogenannten Rückbau-Cent. In diesen Topf zahlen alle 62 Vereine des Verbandes, je nach Größe ihrer Gartenanlage, 1 Cent je Quadratmeter ein. Jährlich macht dies einen Betrag in Höhe von gut 21.000€ aus.

Schild im Eingangsbereich der Gartenanlage.

Kosten bis zu 50.000€

Laut dem Verbandsvorsitzenden geht man beim Rückbau der Teilanlage in Weddersleben derzeit von Kosten in Höhe von 30.000€ bis 50.000€ aus. Der Gartenverein hat in Eigenleistung bereits einen Großteil des Grünschnittes entfernt bzw. auf einer großen Feuerstelle vor der Anlage verbrannt. Vorteilhaft wurde zudem vom Verbandsvorsitzenden noch erwähnt, dass die Kirche als Eigentümer nicht auf die Fällung von Obstbäumen bestand.

Vor-Ort-Termin

Wir waren vor Ort und haben uns den Stand der Rückbauarbeiten einmal genauer angeschaut. Das Gelände gleicht einem Trümmerfeld. Einzelne Lauben stehen noch und warten auf ihren endgültigen Abriss. Überall sind kleine Häufchen mit Bauschutt, Altholz oder Sperrmüll zu erkennen. Vereinzelte Gartenfreunde montierten noch letzte Sachen von ihren Lauben ab. Auf dem Areal befindet sich teilweise keine Einfriedung mehr. Spuren von schwerem Gerät sind klar zu erkennen. Mehrere Container für die Entsorgung befinden sich auch noch vor Ort. Ein wahrlich trauriger Anblick. Einst war dies für viele Menschen ein Ort der Selbstverwirklichung, Erholung und Freude. Mit dem Abriss der letzten Laube verschwinden mit der Zeit auch diese Erinnerungen für immer.

16 Jahre Rückbau-Cent

Der Rückbau-Cent wurde Mitte 2009 auf dem Verbandstag des Regionalverbandes der Gartenfreunde Quedlinburg beschlossen. Schon damals hatte man die demografische Entwicklung und ein immer steigendes Überangebot an Kleingärten im Blick. In der verbandseigenen Zeitschrift „Quedlinburg aktuell“ finden sich in der Ausgabe 2/09 weitere interessante Ausführungen, vor allem zu den Durchführungsbestimmungen.

Auszug „Quedlinburg aktuell“ Ausgabe 2/09

So müssen Kleingartenanlagen beim Antrag auf Rückbau folgende Unterlagen einreichen:

  • Parzellenplan mit Größenangabe
  • Lageplan der Kleingartenanlage
  • Lage und Größe der Rückbaufläche
  • Aufstellung der Altlasten (Lauben, Zäune, sonstige Bauten und deren Bauausführung)
  • Eigenbeitrag und benötigte finanzielle Mittel

Über den Antrag entscheidet alleine der Regionalverbandsvorstand. Sollte der Bescheid abgelehnt werden, kann dagegen Einspruch eingelegt werden. Die Finanzen des Rückbau-Cent sind optimal einzusetzen und transparent für die Verbandsmitglieder zu führen. Eine Rechenschaftslegung soll dazu mit dem Kassenbericht jährlich erfolgen.

Haftungsverbund

Seit 2009 dürften an die 350.000€ für den Rückbau von Kleingartenflächen in den Topf des Rückbau-Cent geflossen sein. Dieses Geld war von Anfang an knapp bemessen und es galt sparsam und effizient damit umzugehen. Für eine professionelle Entsorgung ohne Eigenleistung von Kleingartenparzellen kann man gut und gerne 5.000€ veranschlagen. Bei einer größeren Anlage ist man da schnell bei mehreren hunderttausend Euro angekommen. Alleine in den letzten 3 Jahren wurden über 120.000€ für Rückbautätigkeiten entnommen:

  • ca. 80.000€ Rückgabe der KGA Freiheit (Quedlinburg)
  • ca. 6.000€ KGA Lehmbreite (Ermsleben)
  • ca. 36.000€ KGA Holzbreite I (Quedlinburg)

Dazu kommen dann dieses Jahr noch die hier genannten Beräumungskosten in Weddersleben hinzu. Der Rückbau-Cent kommt so langsam aber sicher an seine Grenzen. Verbandsseitig als Solidarprinzip verschrien, bleibt am Ende nur ein gemeinsamer Haftungsverbund über. Mit jedem Quadratmeter zurückgebauter Fläche, sinken automatisch die Einnahmen. Jahrzehnte lang zahlen gut laufende Vereine Beiträge, von denen sie niemals etwas von haben werden.

Alte Bekannte

An dieser Stelle möchten wir niemanden böse Absichten unterstellen. Aber es fällt auf, dass auch die Mittel des Rückbau-Cent vornehmlich in Gartenanlagen Verwendung finden, die der eigenen Linie entsprechen bzw. wo Vorstandsmitglieder im Regionalverband selbst eine gewisse Rolle (mit)spielen. In dem hier benannten Gartenverein „Edelweiß e.V.“ hat der Vereinsfachberater erst 2024 eine Fachberaterschulung des Regionalverbandes zum Thema Bewässerungssysteme geleitet. Auch ist diese Person durch seine Kommentare auf Facebook unter unseren Beiträgen im Gedächtnis geblieben. Damals lobte man Wertermittlungen mit negativen Ergebnissen, welche heute zurecht nicht mehr möglich sind, dank dem zuständigen Ministerium in Magdeburg.

Keine Kontrolle

Über die Auszahlung und Verwendung des Rückbau-Cent entscheidet alleine der aktuelle Verbandsvorstand. Die Mitgliederversammlung wird vor vollendeten Tatsachen gestellt, wenn es meist schon zu spät ist. Mehrere zehntausend Euro ohne wirkliche Kontrolle. Von Transparenz ist auch hier keine Spur zu erkennen. Mit dem Geld der Anderen bzw. aller Gartenfreunde wünscht man sich einen verantwortungsvolleren Umgang.

Fortsetzung folgt

Teil 2 dieses Themenschwerpunktes wird im nächsten Beitrag folgen. Darin werden wir uns dann mit den Rückbauaktivitäten in der Kleingartenanlage Holzbreite I beschäftigen. Dort liefen die Kosten derart aus dem Ruder, das die Beräumung von einer Parzelle im Schnitt 12.000€ betrug.

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